ACTION UND GEWALT IM FERNSEHEN

Das Medium Fernsehen ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Kinder schauen gerne fern, wenn sie aber allein gelassen werden, können sie sehr leicht in ihren Gefühlen überfordert werden. Deshalb ist es notwendig, dass Erwachsene Kindern zuhören, mit ihnen mitschauen, das Gesehene nachbesprechen und sie nicht einfach dem Fernseher überlassen.

Gibt es im Leben der Kinder viele andere Aktivitäten, z.B. Sport, aktives Musizieren, Freundschaften, wird Fernsehen eine von vielen Freizeitbeschäftigungen bleiben und nicht ausufern.

Was Kinder im Fernsehen besonders anspricht, hat natürlich mit ihren eigenen Erfahrungen, Wünschen und Bedürfnissen zu tun, sie reagieren auf solche Szenen am meisten, die in einem gewissen Zusammenhang mit ihrem eigenen
Leben stehen.

Erwachsene beurteilen einen Film eher nach seinen Bildern, aber Kinder reagieren auch ganz heftig auf Musik und Geräusche.

Wir wissen alle sehr genau, was z.B. Alfred Hitchcock mit gruseligen Geräuschen und unheimlicher Musik in seinen Filmen bewirkt.

Kinder reagieren auf Action-Filme unterschiedlich: Entweder können sie vor lauter Faszination nicht die Augen vom Bildschirm wenden, oder sie reiten, schießen und schreien mit.

Auf alle Fälle nimmt ein Kind das Geschehen ganzheitlich auf, mit allen  Sinnen wird der Film gesehen, gehört, gefühlt, erlebt. Die aufgestaute Spannung drängt nach Entladung: Je wilder der Film, desto wilder und lauter das Nachspielen, Nachahmen und Abreagieren.

Entweder wird dadurch das seelische Gleichgewicht wieder hergestellt, oder Aggressionen werden verstärkt.

Es gibt kindgerechte Filme, die das Kind in seinen Gefühlen ernst nehmen (z.B. Kalle Blomquist, Enyd Blyton, Emil und die Detektive) und solche, die den Erwachsenen vorbehalten bleiben sollten.

Kinder brauchen den guten Ausgang eines Films, dann ist die Spannung zu ertragen bzw. finden sie auch ein Ventil zum Dampfablassen.

Zweifelsohne lieben Kinder viel Action und wilde
Verfolgungsjagden, aber sie wollen sich auch mit den Helden identifizieren und verstehen, warum sie gerade so handeln. Kinder wollen sich im Film räumlich, zeitlich und gefühlsmäßig auskennen und sich orientieren.

Es wird oft ein allzu einfacher Zusammenhang zwischen Fernsehen und Gewaltnachahmung hergestellt. Gewalt im Film übt eine gewisse Faszination aus, auch weil etwas Verbotenes angesprochen wird.

Kinder beurteilen Gewalt im Film aber etwas anders als Erwachsene. Die übertriebene Gewalt im Zeichentrickfilm (z.B. Tom und Jerry) wird nicht so brutal erlebt, weil immer der Schwächere siegt. Gewalt in Familienserien, Gewalt durch Naturkatastrophen und brutale Actionfilme werden als viel bedrohlicher
erlebt.

Es kommt aber sehr auf die soziale Umwelt des Kindes an ( Elternhaus, Freundeskreis, Schule usw.), ob die im Film erlebte Gewalt in tatsächlich ausgeübte reale Gewalt ausartet.

Die Helden in Märchen und Filmen bestehen Abenteuer, dazu ist ein Herangehen ( = die ursprüngliche Bedeutung von Aggression) an die Dinge notwendig.

Jedes Kind spürt, dass es gute und böse Seiten hat, beide gehören zum Gesamtbild der Persönlichkeit. Die Herausforderung liegt in der Annahme all unserer guten und schlechten
Eigenschaften und in der Verhinderung, anderen Schaden zuzufügen. Wenn Kinder im Elternhaus Gewalt erleben, werden die Gewaltszenen im Film als etwas Reales erlebt.

Flüchten Kinder in die Welt der Medien, so liegt das daran, dass ihre Umwelt sie in ihren Fragen, Ängsten und Bedürfnissen gefühlsmäßig allein lässt.

Kinder brauchen regelmäßig Gelegenheit, ihr Bedürfnis nach lustbetonter Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit und ihre Aggressionen auszuleben in Sport und Spielen, die nach Regeln und Ritualen ablaufen und für körperliches und seelisches Gleichgewicht sorgen.

Es sind eher die Burschen, die sich für Actionfilme interessieren. Mädchen mögen Beziehungsgeschichten mehr und bevorzugen subtilere Formen der Aggression. Eltern bekommen oft zu hören: "Alle dürfen sich den Film anschauen, nur ich nicht!" Sie sollten sich von ihren kleinen Lieblingen nicht erpressen lassen, sondern auch sehen, dass viele Kinder mit sie überfordernden Filmen NICHT zurande kommen.

Zum guten Schluss der etwas andere Genuss:
Gegen die Schnelligkeit und Angstverbreitung des Films ist immer noch ein spannendes Buch bestens geeignet. Kinder können ihr eigenes Tempo bestimmen, manche Absätze zweimal lesen; das Buch beiseite legen und nachdenken; den Wonneschauer genießen, solange sie wollen; Kinder können mit Erwachsenen besprechen, was sie nicht verstehen oder was sie ängstigt, ohne etwas zu versäumen, weil eben der Inhalt des Buches nicht davongaloppiert.

Vor allem aber macht es Kindern  viel Spaß, besonders beeindruckende, lustige und spannende Stellen  Erwachsenen vorzulesen und das ( im wahrsten Sinn des Wortes !) erlesene Abenteuer mit ihnen gemeinsam zu genießen. Dazu ist lediglich Zeit und Zuwendung von Seiten der Erwachsenen notwendig.

Liebe Kinder und Eltern, ich wünsche euch die Zeit für eine anregende Diskussion zum Thema Fernsehen!

Eure MD