Trennung und Scheidung

 

Wenn es in einer Familie zu Trennung oder Scheidung kommt, bringt dies für alle Betroffenen großes Leid und massive Veränderungen.

Beide Elternteile sind so sehr mit dem eigenen Schmerz beschäftigt, dass du als Kind das Gefühl hast, du wirst mit deiner Trauer, Wut, Angst, Unsicherheit und deinem Schmerz allein gelassen.

Du sollst wissen, dass du in dieser Situation das Recht hast, wütend und traurig zu sein, weil dein Schmerz groß ist.

Ich möchte ein paar Punkte ansprechen, die dir helfen können, ein wenig Ordnung in die Verwirrung deines neuen Lebensabschnittes zu bringen.

Mach dir bewusst, dass deine Eltern sich als PAAR trennen,  für dich aber immer  MAMA und PAPA bleiben. Es kommt leider öfter vor, dass ein Elternteil sich nach der Scheidung nicht mehr ausreichend oder gar nicht um die Kinder kümmert. Das ist sehr traurig und schmerzhaft , aber das geschieht nicht deshalb, weil Papa oder Mama dich nicht mehr lieben, sondern weil sie auch nur Menschen sind und in ihrem Schmerz und ihrer Enttäuschung über die zerbrochene Familie es nicht schaffen,  regelmäßig Kontakte mit dir zu haben bzw. mit der Situation überfordert sind. 

Kinder haben NIEMALS Schuld an der Scheidung ihrer Eltern. Vielleicht denkst du, wäre ich nur braver gewesen, hätten meine Eltern sich nicht scheiden lassen! Dein Verhalten hat nichts mit der Scheidung zu tun.

Kinder sorgen sich, wie es nun für sie weiter gehen mag. Eltern sind verpflichtet, für ihre Kinder zu sorgen, es gibt Gesetze zum Schutz der Kinder. Du wirst nicht allein gelassen.

Kinder haben oft ein schlechtes Gewissen ihrer Mama gegenüber, wenn sie nach einem Besuchstag bei Papa wieder zurück kommen und erzählen, dass der Tag mit Papa toll war. Gilt umgekehrt natürlich auch, weil deine Eltern eben noch mächtig wütend auf einander sind, deshalb haben sie sich ja scheiden lassen. Das hat aber mit dir gar nichts zu tun. Du darfst weiterhin Papa und Mama lieb haben und wenn du glaubst, sie haben das noch nicht ganz verstanden, dann sag es ihnen direkt: Ich bin traurig über eure Scheidung, aber ich möchte euch beide weiter lieb haben dürfen.

Schieb deine Gefühle nicht beiseite sondern nimm sie ernst, denn sie zeigen ja, dass zur Zeit deine Welt nicht in Ordnung ist. Die Erfahrung zeigt, dass Scheidungskinder nicht immer traurig bleiben, sie lernen wieder das Fröhlichsein und Lachen, auch wenn du dir das jetzt noch nicht vorstellen kannst. Du musst dir allerdings Zeit geben, 1 -2 Jahre werden schon notwendig sein. Schäm dich nicht, dass deine Eltern geschieden sind, es sind viele Kinder von diesem Schicksal betroffen, und die Eltern haben alles Mögliche getan, um die Familie zusammenzuhalten, aber es gelingt nicht immer alles im Leben.

Mit dem Thema Scheidung haben sich viele SchriftstellerInnen beschäftigt. Ich möchte dir  ein paar Bücher nennen, die dir in deiner Situation ein wenig helfen können. Wenn du gerne liest,  einfach einmal deine Ruhe haben möchtest oder dir alles auf die Nerven geht, bitte Papa oder Mama , dir eines zu kaufen.

Erich Kästner: Das doppelte Lottchen, C.Dressler Verlag: Zwei Mädchen entdecken während eines Ferienaufenthaltes, dass sie Zwillinge sind und tauschen die Rollen, um mit dem jeweils unbekannten Elternteil in Kontakt zu kommen. Schmerzliche Wahrheit, aber auch sehr witzig, beides gehört zum Leben.

Christine Nöstlinger: Am Montag ist alles anders, Verlag Jugend und Volk: Kathi verbringt seit der Scheidung der Eltern jeden Montag mit der Oma. Was die beiden zusammen unternehmen, macht viel Spaß und zeigt, dass Kinder nicht allein gelassen werden.

Christine Nöstlinger: Sowieso und überhaupt, Dachs Verlag: Drei Kinder würden lieber ein unharmonisches Familienleben auf sich nehmen als die Scheidung der Eltern, aber Kinder werden bei Scheidung nicht nach ihren Wünschen gefragt.

Christine Nöstlinger: Der Zwerg im Kopf, Verlag Beltz& Gelberg : Annas Eltern leben getrennt und haben das Leben genau geplant. Anna lebt bei Papa, aber am Nachmittag ist Mama für Anna zuständig. Am Wochenende ist sie hin und her gerissen, das nervt und bringt Unruhe und Probleme. es gibt aber eine ganz tolle Hilfe für Anna, mit ihren komplizierten Eltern zurecht zu kommen,  nebenbei so manches schulische Problem zu lösen und  sich im Freundeskreis aufgehoben zu fühlen. Realistisch - phantasiereich - märchenhaft - sehr witzig und frech.

Beverly Cleary: Ruf doch an Papa! Verlag Ueberreuter: Ein Bub lernt langsam zu verstehen, warum seine Eltern sich getrennt haben, aber auch , dass Papa ihn sehr liebt, obwohl er nur selten anruft.

 

Zuletzt möchte ich dich noch auf die Institution Rainbows hinweisen, die Scheidungskinder über ca ein halbes Jahr  1 1/2 Stunden wöchentlich in Kleingruppen betreut und ihnen hilft, über die schwierige Zeit hinwegzukommen. Der Erfahrungsaustausch mit anderen Kindern  in ähnlichen Situationen, das gemeinsame Erarbeiten von Lösungsansätzen und die auf einander aufgebauten Themen bieten den Kindern Schutz in dieser stürmischen Zeit, aber auch gemeinsamen Spaß. Drei Elterngespräche sind zur Unterstützung eurer Eltern gedacht. Info-Material könnt ihr bei mir über eure Lehrerin anfordern. Telefonnummer der Rainbows Koordination für OÖ: 07612/ 63056, Di, Mi, Do  9-11 Uhr

 

Liebe Grüße an euch alle,

            Eure Marie-Luise Doblhofer